Altjahrswoche und Ubersitz

Wenn die Trychelzüge die bösen Geister vertreiben.

Diese Tradition ist ein uralter Brauch keltischen Ursprungs. Aus der vorchristlichen Zeit, als die Bewohner der Bergtäler in den längsten Nächten des Jahres mit Trycheln die bösen Geister von ihren Dörfern fernhielten. Noch heute wird dieser Brauch aufrechterhalten und an die nächste Generation weitergegeben.

Die Altjahrswoche startet jeweils in der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember und endet mit dem zweitletzten Arbeitstag des Jahres, dem «Ubersitz».

In dieser Woche vertreiben die verschiedenen Trychelzüge mit ihren beeindruckenden Umzügen durch die Dörfer des Haslitals die bösen Geister. Täglich werden die Trychelzüge mächtiger, der Lärm lauter bis zum Höhepunkt in der Nacht zum «Ubersitz». An diesem Abend ziehen alle Trychler der umliegenden Ortschaften Willigen, Hausen, Eisenbolgen, Unterbach, Hasliberg und Meiringen ins Dorfzentrum von Meiringen zu einem gemeinsamen Trychelumzug.



Die Altjahrswoche und der «Ubersitz» im Detail:
Je nach Ortschaft sind die Trychler maskiert und verkleidet oder tragen den «Mutz» (Trachtenweste). Jedes Dorf hat seinen eigenen Zug und Trychelmajor. Noch heute weiss jeder Hasli-Trychler, dass er mit seinen magischen, nach einem genauen Rhythmus vorgeschriebenen Klängen, die bösen Geister zu vertreiben hat. Dieser Rhythmus ist jedoch nicht mit einem Militärmarsch zu vergleichen. Er zwingt gebieterisch zu einem langsamen Gleitschritt, während der Oberkörper rhythmisch die Glocke oder Trychel schwingt. So geht dieses nächtliche Treiben stundenlang gassauf und gassab. Der Trychelmarsch steckt jedem echten Oberhasler sozusagen von Kindesbeinen an im Blut. Obwohl einige tausend Besucher*innen von nah und fern die Strassen von Meiringen füllen, ist die Altjahrswoche nicht mit einer Fasnachtswoche oder ähnlichen Anlässen mit Glockenzügen zu vergleichen. Das Trychlen sowie der «Ubersitz» sind und bleiben etwas Einmaliges.

Eine weitere Tradition ist der «Ubersitlzer». Die Sonderzeitung berichtet über die Taten und Untaten des vergangenen Jahres und rechnet mit Freund und Feind ab. In Form von Reimen werden Geschichten vom letzten Jahr von neuem aufgerollt. Bei den Erzählungen handelt es sich meist um witzige Anekdoten, freche Anspielungen oder böse Nachreden. Jedoch werden die Namen der Angesprochen normalerweise in sich selber vertauscht, sodass man nur mit einiger Kreativität herausfinden kann, um wen es sich handelt.

Eine weitere grosse Diskussion löst der Name «Ubersitz» aus. Viele Touristen und Auswärtige sprechen wegen ihres Dialektes vom Übersitz, was einer Haslerin oder einem Hasler die Haare zu Berge stehen lässt! Am «Ubersitz» verwandeln sich die meisten Meiringer Trychler in ein Wybervolk. Zusätzlich zu den Trycheln (Glocken) geben die vordersten Reihen mit Trommeln den Takt vor. Vorneweg bahnt das sogenannte «Huttewybli» dem Zug den Weg frei. Die Geschichte des «Huttewybli» ist
etwa hundert Jahre alt. Da hat eine Frau einmal ihr betrunkenes Mannli mit der Hutte abgeholt und ihn nach Hause getragen.

Am 27. Dezember führt der Weg der Trychler der Kapellen entlang zum Friedhof, wo sie zwei Marschdurchgänge im Stand trychlen, um den Verstorbenen zu gedenken. Auch beim Altersheim wird getrychelt, damit die alten Leute, die nicht mehr so gut zu Fuss sind, das auch erleben und sehen können.

Die Hausner sind, wie die Meiringer, Schattenhälbler und Innertkirchler, als Boozeni unterwegs. Mit Trommeln als Taktgeber und dem Huttewybli als Frontfrau läuft der Trychelzug durch das Dorf. Das Huttenwybli ist ein Weibchen mit Hutte, das schwer gekrümmt unter der Last ihres, in
der Hutte (Rückentragkorb) sitzenden Mannes, durch die Gassen läuft und den Weg für die Trychelzüge frei bahnt. Ausserdem gehört eine Schnabelgeiss zum Zug. Die Kinder und Erwachsenen, die es wagen auf der offenen Strasse zu stehen, werden durch die Schnabelgeiss erschreckt oder sie stiehlt ihnen ihre Kopfbedeckungen.

Auch Schattenhalb verwandelt sich zum grössten Teil in alte Wybli. Jedoch ist bei Schattenhalb den Frauen das Trychlen und Trommeln nicht erlaubt. Man hört sagen, dass manchmal sich auch Frauen in die Männerdomäne hineinschmuggeln und natürlich nicht erkannt werden, weil sie wie alle anderen verkleidet sind. Auch legen die Williger Wert darauf, dass das Verhältnis von Trommeln und Trycheln stimmt. Der Zug wird unterstützt von zwei Schnabelgeissen, einer kleinen und einer grossen, sowie vom Huttewybli. In Schattenhalb gibt es die ersten Klänge erst am 26. Dezember zu hören. Am «Ubersitz» wird zuerst in Willigen selber, später dann im Dorf Meiringen getrychelt.

Die Isenbolgner stellen ihre Masken und Verkleidungen ausschliesslich aus Naturmaterialien her. Ebenfalls mit Trommeln als Taktgeber, gehen das sogenannte Wurzelmandli und das Wurzelfroueli vorneweg. Die Isenbolgner fangen, wie die Schattenhälbler, erst am 26. Dezember an zu Trychlen. Man erkennt sie gut an ihren grossen Basler Trommeln und dem speziell langsamen Schritt. Die Unterbächler Trychlen im traditionellen «Mutz» (Berner Herrentracht) mit Trycheln und Glocken, aber ohne Trommeln. Am «Ubersitz», unter all den «Boozeni», sind sie nicht zu übersehen.

Die Hasliberger legen mehr Wert auf den Klang ihrer Trycheln, daher besteht der ganze Zug ausschliesslich aus wunderschönen Trycheln. Sie tragen während der ganzen Altjahrswoche wie am «Ubersitz» ihre zivile Kleidung. Am Hasliberg sind sie jeweils auch mit Trommeln unterwegs;
am «Ubersitz» in Meiringen jedoch ohne.

Ein kleiner Zug in weissen Hemden, das sind klar erkennbar, die Gadmer. In der Altjahrswoche wird jeden Abend an einem anderen Ort getrychelt, von Obermaad bis Hopflauenen. Einen Tag vor dem offiziellen «Ubersitz» kommen die Gadmer nach Meiringen. Als einzige Gruppe tragen sie ein weisses Hemd (Eintragshemd). Der Begriff stammt aus der Zeit, wo das gemähte, in Netz eingepackte Heu, in die Scheune getragen wurde. Nicht nur am weissen Hemd erkennt man die Gadmer, sie haben auch einen ganz speziellen Schritt, den sogenannten Zwischenschritt. Nach jedem Glockenschlag wird ein zusätzlicher Schritt gemacht.

Die Guttanner beginnen mit dem Trychlen am 25. Dezember um 24 Uhr im Boden bei Guttannen. Sie sind in ziviler Kleidung, mit Trommeln, Trycheln und Glocken unterwegs. Als einzige Gemeinde findet in Guttannen am 1. Januar das «Neujahrstrychlen» statt. Der Trychelzug mit ausschliesslichem Glockenklang, startet um 9 Uhr und bewegt sich durch das ganze Dorf Guttannen. Von 10 bis 12 Uhr offeriert die Gemeinde im Hotel Bären einen Neujahrsapéro.

Die Innertkirchner bleiben über den «Ubersitz» innert dem Kirchet in ihrem Dorf und kommen am nächsten Morgen vom «Ubersitz» mit dem 8.30 Uhr-Zügli (Meiringen-Innertkirchen-Bahn) nach Meiringen. Sie fallen mit den schwarzen Basler Trommeln und der grossen, schwarzen Schnabelgeiss auf. Auch sie sind als «Boozeni» verkleidet.

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